«AM ANFANG HATTE ICH GROSSE BEDENKEN.»

Wegen einer mittelschweren Depression absolvierte Peter N. eine stationäre Behandlung im Haus ViaNova der Privatklinik Aadorf. Warum ihn die Kreativtherapie positiv überrascht hat und welchen Wert das Ambiente hatte, erzählt der 56-Jährige im Interview.

Peter N. war als Geschäftsführer in seinem Unternehmen sehr stark unter Druck und hatte auch in der Stiftung, bei welcher er als Stiftungsrat und Geschäftsführer tätig ist, diverse Probleme und Stress. Im Privatleben zeigten sich ebenfalls grosse Belastungen: In Zusammenhang mit der gerichtlichen Trennung und der bevorstehenden Scheidung von seiner Frau musste er nach 32 Ehejahren das freistehende Einfamilienhaus verlassen und in eine Wohnung ziehen. Diese Probleme haben Peter N. nicht mehr schlafen lassen, er fiel immer mehr in eine Depression, bis er einsehen musste, dass eine Behandlung notwendig ist.

Herr N., für viele Menschen sind psychische Erkrankungen wie eine Depression unter anderem auch mit Schamgefühlen behaftet. War dies bei Ihnen auch der Fall?
Ja, auch mir erging es so. Ich wollte es nicht wahrhaben und sagte mir immer wieder, das schaffst du schon. Bis es dann nicht mehr ging. Ich fühlte mich als Versager und konnte nur sehr schlecht damit umgehen, dass ich so kurz vor der Pension noch in eine solche Krise geraten war. Der Entscheid, in eine Klinik zu gehen, ist mir sehr schwergefallen.

Wann haben Sie gemerkt, dass eine professionelle Behandlung notwendig sein könnte?
Durch meine schlaflosen Nächte konnte ich meine Termine im Geschäft zum Teil nicht mehr wahrnehmen. Ich war körperlich und mental völlig am Boden. Am Morgen brauchte ich jeweils mehrere Anläufe, um aufzustehen. Als Chef konnte und wollte ich meinen Stellvertreter nicht weiter belasten. Ich wollte wieder ein zuverlässiger und berechenbarer Chef werden. Daher mein Wunsch, möglichst schnell in eine Klinik zu kommen. Neben den schlaflosen Nächten hatte ich täglich Schweissausbrüche und ein Ziehen über die ganze Brust.

Wie gut gelang es Ihnen, sich vorübergehend von Ihrem privaten und beruflichen Alltag zu lösen?
Es fiel mir sehr schwer. Kaum war ich in der Klinik, fragte ich mich, ob dieser Entscheid nun der richtige gewesen ist oder nicht. In den ersten zwei bis drei Tagen hatte ich alles in Frage gestellt und mich gefragt, ob ich nun wirklich sechs bis acht Wochen in dieser Klinik verbringen soll.

Wie haben Sie den Aufenthalt in der Privatklinik Aadorf in der Folge erlebt? Welche Dinge haben Sie verunsichert?
m Anfang, als es mir körperlich und psychisch sehr schlecht ging, hatte ich wie gesagt grosse Bedenken. Es kam da sehr viel Neues auf mich zu. Nach zwei bis drei Wochen hatte ich mich eingelebt. Die klare Tagesstruktur hat grosse Vorteile. Man ist den ganzen Tag betreut und hat wenig Zeit, sich in sinnlosem Grübeln zu verlieren. Von Vorteil war dabei, alles gut erklärt zu bekommen, auch ein anderer Patient half dabei als «Götti».

Beim Eintritt in die Klinik konnte ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, kreativ tätig zu werden. Als «Büromensch» hatte ich dies seit über 40 Jahren kaum mehr getan. Je länger ich dort war, desto mehr lernte ich dazu und wurde auch wirklich kreativ. So konnte ich Bilder malen, Tonsachen gestalten und eine Früchteschale aus einem rechteckigen Stück Holz meisseln. Das war eine positive Überraschung und half mir, zur Ruhe zu kommen.

Was hat Ihnen sonst noch besonders viel Freude gemacht?
Ich war sehr froh, dass ich mich auch sportlich betätigen konnte. Nordic Walking und Biken standen bei mir jede Woche auf dem Programm. Ich konnte sogar regelmässig mit dem E-Bike, welches ich in die Klinik mitbrachte, in die nähere Umgebung und auch einige Male auf den Schauenberg fahren. Die sportlichen Aktivitäten in der freien Natur haben mir sehr geholfen und mich körperlich und mental gestärkt.

Als ich in die Klinik kam, konnte ich auch mit Schlafmittel nicht schlafen. Ich hatte grosse Angst, dass dieser Zustand lange dauern und ich dann später auch das Ausschleichen aus den Schlafmitteln nicht schaffen würde. Dies ist mir jedoch dann erstaunlich gut gelungen.

Sie waren im Haus ViaNova untergebracht, das gewisse Zusatzleistungen und ein Plus an Behaglichkeit für privat und halbprivat Versicherte bietet. Inwiefern hatte dies Einfluss auf Ihre Behandlung und Ihr Befinden?
Im ViaNova hatten die Patienten mehr Anspruch auf regelmässige psychologische Betreuung. Auch das Pflegepersonal war sehr nett und hatte bei Anliegen immer Zeit für mich. Das Essen war ausgezeichnet und der Koch hat auch individuelle Wünsche berücksichtigt. Die Auswahl an Menüs war grösser als auf der allgemeinen Abteilung. Bei sehr feinem Essen geht es auch der Seele besser. Die sehr schöne Umgebung sowie der Pool haben natürlich auch zur Entspannung beigetragen. Es wurden in der Abteilung jeweils höchstens 14 Personen betreut. Dies hat eine familiäre Stimmung gebracht. Am Abend wurde oft zusammengesessen und manchmal Karten gespielt.

Welche spezifischen Therapiebausteine waren und sind in Ihren Augen besonders wirksam?
iese Bewegungs- und Entspannungstherapien tragen stark zur Genesung bei. Am Anfang hatte ich grosse Mühe, 20 Minuten still zu sitzen und mich auf meinen eigenen Körper zu konzentrieren. Gegen Ende des Klinikaufenthaltes bin ich bei der Entspannungstherapie jeweils kurz eingenickt.

Auch die Einzeltherapien bei der Psychologin waren sicher sehr wichtig. Mir haben aber auch die Kreativtherapien sehr viel gebracht, trotz anfänglicher Angst. Und ich habe es sehr geschätzt, dass ich auch allein Touren unternehmen konnte und zwischendurch persönliche Freiheiten hatte.

Gibt es zentrale Dinge, die Sie im Verlauf der Behandlung über sich und Ihre Krankheit gelernt haben?

Ich habe mich näher mit dem Thema Resilienz befasst, insbesondere mit dem Teil Akzeptanz und Abgrenzung. Dies wird mir insbesondere bezüglich meiner bevorstehenden Scheidung, aber auch im Beruf weiterhelfen. Ich werde meine Termine im Geschäft sicher anders legen als vorher und mir mehr Pausen gönnen. Ich habe gelernt, dass nur, wenn ich mich abgrenzen kann, die Hingabe nicht zur Selbstaufgabe führt.

Mit welchen Gedanken blicken Sie in Ihre persönliche Zukunft?
Ich bin zuversichtlich, dass ich die beruflichen und privaten Hürden, die noch auf mich zukommen, meistern werde.

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